Diplomarbeit zu einem nicht alltäglichen Thema"

Ethik-Zentrum der Universität Zürich


Zu Staub oder Asche? - 
Ist eine gesetzliche Kremationspflicht von Verstorbenen
nach vorausgegangener Zytostatika-Therapie
aus ethischer Sicht vertretbar?


Diplomarbeit

im Rahmen des Master-Studienganges 2003 – 2005
Master of Advanced Studies in Applied Ethics (MAE)

von

Marlies Frast
Bürzelweg 25
9642 Ebnat-Kappel

4. Februar 2005


Erstgutachter: PD Dr. Klaus Peter Rippe (Zürich)
Zweitgutachter: Prof. Dr. Johannes Fischer (Zürich)
Tutor: Jean-Daniel Strub (Zürich)



INHALTSVERZEICHNIS Seite II


1. EINLEITUNG Seite 1

1.1 Persönlicher Zugang zum Thema Seite 1
1.2 Fragestellung Seite 2
1.3 These Seite 3
1.4 Aufbau und Realisierung der Diplomarbeit Seite 3

2. PROBLEMDARSTELLUNG Seite 4 
2.1 Begriffsklärung Seite 4
2.2 Thematische Eingrenzungen Seite 4
2.3 Statistik in der Schweiz Seite 4
2.4 Wissenswertes über Zytostatika Seite 5
2.5 Ausgangssituation der Diplomarbeit: Empirische Recherche Seite 7
2.6 Öko-logische (?) Unterschiede in der geltenden Gesetzgebung Seite 8
2.6.1 Feuerbestattung versus Erdbestattung Seite 8
2.6.2 Veterinärbereich versus Humanbereich Seite 10

3. MORALISCH RELEVANTE PROBLEME AUS ETHISCHER SICHT Seite 11 
3.l Contra-Argumente zu einer gesetzlichen Kremationspflicht
nach vorausgegangener Zytostatika-Therapie Seite 11
3.1.1 Das Argument der Selbstbestimmung Seite 11
3.1.2 Das Argument der Religionsfreiheit Seite 13
3.1.2.1 Die Ausübung der Religionsfreiheit in Bestattungsmodalitäten
in der Schweiz vorwiegend vertretener Kirchen und
Gemeinschaften mit religiöser Orientierung Seite 15
3.1.2.2 Potenziell von einer gesetzlichen Kremationspflicht
betroffene Gemeinschaften Seite 15
3.1.2.3 Der moralische Status des Leichnams Seite 17
3.1.3 Das Argument der Pietät Seite 18
Diplomarbeit MAE 2003 – 2005: Marlies Frast II
3.2 Mögliche Einwände gegen Contra-Argumente einer
gesetzlichen Kremationspflicht Seite 20
3.3 Pro-Argumente zu einer gesetzlichen Kremationspflicht
nach vorausgegangener Zytostatika-Therapie Seite 24
3.3.1 Das Argument der Ökotoxizität von Zytostatika Seite 25
3.3.2 Das Argument des Risikos Seite 30
3.3.3 Das Argument der Verantwortung Seite 33
3.3.3.1 Politische Verantwortung des Staates Seite 35
3.3.3.2 Verantwortung für zukünftige Generationen Seite 37
3.3.3.3 Verantwortung des Menschen für die Umwelt Seite 38
3.4 Mögliche Einwände gegen Pro-Argumente einer
gesetzlichen Kremationspflicht Seite 39
3.5 Güterabwägung Seite 41
3.5.1 Ökotoxizität / Risiko versus
Selbstbestimmung / Religionsfreiheit Seite 42
3.5.2 Selbstbestimmung versus
Verantwortung als moralische Verpflichtung Seite 43
3.6 Beantwortung der Frage und Verteidigung der These Seite 44

4. ZUSAMMENFASSUNG UND ABSCHLIESSENDE EMPFEHLUNGEN Seite 45 
4.1 Abschliessende Empfehlungen
zur Konkretisierung einer gesetzlichen Regelung Seite 45

Selbstständigkeitserklärung Seite 47
Literaturverzeichnis Seite 48

Anhang 1) Empirische Recherche: Umfrage Ökotoxizität von Zytostatika Seite 54
Anhang 2) Recherche: Ausübung der Religionsfreiheit in Bestattungs-
modalitäten in der Schweiz vorwiegend vertretener Kirchen
und Gemeinschaften mit religiöser Orientierung Seite 59
Anhang 3) Strategien zur Bewältigung globaler Umweltrisiken des WBGU Seite 63
Diplomarbeit MAE 2003 – 2005: Marlies Frast III
Zu Staub oder Asche? -
Ist eine gesetzliche Kremationspflicht von Verstorbenen
nach vorausgegangener Zytostatika-Therapie aus ethischer Sicht vertretbar?



1. EINLEITUNG

1.1 Persönlicher Zugang zum Thema
„Totes Kalb im Wald entsorgt“ titelten die Toggenburger Nachrichten am 25. April 2003. Hunde hatten im Wald einen illegal deponierten Kadaver aufgespürt, worauf der zuständige Gemeinderat Anzeige gegen Unbekannt erstattete.1 Wenige Monate zuvor stand ich am offe-nen Grab einer nach monatelanger Chemo-Therapie Verstorbenen. In meine Empfindungen von Trauer und Verlust mischten sich damals anhaltende Bedenken über die mögliche Trag-weite dessen, was mit diesen „sterblichen Überresten“ auch an Chemie bleibend „zu Staub“2 der Erde überlassen wurde. Im Gegensatz zum Tier erfolgte die Erdbestattung des menschli-chen Körpers jedoch ohne Reaktion seitens der Behörde. - Offenbar ist die Erdbestattung im Veterinär- und Humanbereich unterschiedlich geregelt. Diese Tatsache im Kontext ökologi-scher Fragestellungen löste in mir ein entsprechendes Interesse zu vertiefter persönlicher Aus-einandersetzung mit Umwelt-Problemen im Zusammenhang mit der Erdbestattung aus.
Hinzu kommt ein direkter beruflicher Bezug zur Feuerbestattung (= Kremation):
Im Rahmen der Unterrichtseinheit „In Würde sterben“, die ich als Fachlehrerin an einer Be-rufsschule im Gesundheitswesen vermittle, besuche ich mit jeder Klasse das Krematorium. Verstorbene, deren Aussehen im Krematorium als „nach gehabter Chemo-Therapie“ geschil-dert wird, weisen beim Blick durch das Sichtfenster in den Verbrennungsofen eine auffällige, vollständige Schwarzverfärbung des ganzen Körpers auf. Diese führt jeweils zu einer erhebli-chen Komplikation des Einäscherungsprozesses, der dreimal so lange wie üblich dauert. Al-lein der Anblick solcher Schwarzfärbung eines menschlichen Körpers löst intuitiv starke Be-fremdung aus, unmittelbar gefolgt von einer Reihe spontaner Fragen:
Wenn eine Kremation Verstorbener nach vorausgegangener Chemo-Therapie derart augen-scheinliche Veränderungen, verbunden mit offensichtlichen Komplikationen, zeigt - was be-deutet es demzufolge für unser Ökosystem, wenn chemisch analog therapierte Körper erdbe-stattet werden? Was hinterlässt die im Erdbestatteten eingelagerte Chemie im Verlaufe seines Verwesungsprozesses uns und zukünftigen Generationen? Ruft der Anblick dieser schwarz verfärbten, schwer brennbaren Körper nicht nach einer gesetzlichen Kremationspflicht zum Schutze der Umwelt? Darf ein solches Obligatorium vom Staat gefordert werden? Darf der Staat umgekehrt ein solches Gesetz erlassen? - Aus diesen Fragen habe ich mich entschieden, auf folgende Fragestellung zu fokussieren, um im Rahmen der Diplomarbeit nach einer e-thisch vertretbaren Sicht der Bestattung nach erfolgter Chemo-Therapie zu suchen:

1 Toggenburger Nachrichten, Freitag, 25.04.2003, 6
2 Ich verwende diesen Ausdruck gemäss Gen. 3,19b aus der Bibel, Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift.

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